BGH-Urteile zum Kostenverteilungsschlüssel
Mit seinen Urteilen vom 14.02.2025 zu den Aktenzeichen V ZR 236/23 und V ZR 128/23 hat der BGH auf Grundlage des im Jahr 2020 reformierten Wohnungseigentumsrechts weitere Vorgaben zu den Voraussetzungen gemacht, unter denen die Wohnungseigentümer eine von einer Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung abweichende Kostentragung beschließen können.
Grundsätzlich ist der Kostenverteilungsschlüssel in Wohnungseigentumsanlagen genau geregelt. Dennoch ist gerade dieser regelmäßig der Anlass für Streitigkeiten innerhalb der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Ganz besonders dann, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer von ihrem sich aus § 16 Abs. 2 S. 2 WEG ergebenden Recht Gebrauch macht und bisher geltende Kostenverteilungen zulasten einzelner Wohnungseigentümer durch Beschluss ändert.
Ein von den Wohnungseigentümern gefasster Beschluss zur Abänderung muss grundsätzlich der Kostenverteilung ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Was hierunter genau zu verstehen ist, hat der BGH in seinen beiden aktuellen Entscheidungen präzisiert.
Beteiligung an den Sanierungskosten fürs Garagendach auch für Eigentümer ohne Stellplatz?
Mit Urteil vom 14.02.2025 zum Aktenzeichen V ZR 236/23 hatte der BGH über die Änderung einer objektbezogenen Kostenverteilung zu entscheiden.
In einer Wohnungseigentumsanlage mit einer Tiefgarage ordnet die Gemeinschaftsordnung die Nutzung sowie die Kosten für die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums hinsichtlich der Stellplätze ausschließlich bestimmten Wohneinheiten, mithin den Wohneinheiten zu, die über einen Stellplatz verfügen.
Im April 2022 beschlossen die Eigentümer, das Dach der Garage sanieren zu lassen und die damit verbundenen Kosten auf sämtliche Wohnungseigentümer, und nicht nur auf diejenigen, die über einen Stellplatz verfügen, im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile umzulegen.
Nachdem eine Wohnungseigentümerin, für deren Einheit kein Sondernutzungsrecht an einem Tiefgaragenplatz besteht, gegen den Beschluss Anfechtungsklage erhoben hat, verneinten Amts- und Landgericht eine Beschlusskompetenz der Eigentümer und gaben der Anfechtungsklage statt.
Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der BGH führte in seiner Entscheidung aus, dass die Eigentümer gem. § 16 Abs. 2 S. 2 WEG grundsätzlich die Kompetenz haben, eine entsprechende Änderung der Kostenverteilung zu beschließen, wenn hierfür sachliche Gründe vorliegen. Ein solcher sachlicher Grund ist nach Ansicht des BGH gegeben, wenn die Kosten der Beseitigung von Schäden dienen, die von dem übrigen Gemeinschaftseigentum außerhalb der Tiefgarage herrühren oder, wenn sich das Problem, für dessen Beseitigung die Kosten anfallen, auf die gesamte Anlage erstreckt, quasi eine Gesamtsanierung erforderlich ist.
Betriebskosten und Erhaltungsrücklage nur für beheizbaren Wohnraum?
Mit Urteil vom 14.02.2025 zum Aktenzeichen V ZR 128/23 hatte der BGH über die Änderung einer Kostenverteilung für Betriebskosten und Erhaltungsrücklagen zu entscheiden.
Im zweiten Fall hatte der BGH darüber zu entscheiden, ob die Wohnungseigentümer die Beschlusskompetenz haben, den sich aus der Teilungserklärung ergebenden Umlageschlüssel hinsichtlich der Betriebskosten sowie der Erhaltungsrücklage durch Beschluss zu ändern.
Die Eigentümergemeinschaft, bestehend aus Gewerbeeinheiten, Wohnungseigentumseinheiten und Garagen, hat beschlossen, die Betriebskosten sowie die Erhaltungsrücklage künftig nicht mehr nach Miteigentumsanteilen, sondern nach der beheizbaren Wohn- bzw. Nutzfläche der Miteigentümer umzulegen. Die gegen den Beschluss erhobene Anfechtungsklage wies der BGH zurück, da die vorgenommene Änderung sachlich begründet und nicht willkürlich ist. Der BGH stellte klar, dass der jetzige § 16 Abs. 2 S. 2 WEG entgegen der alten Fassung auch eine Kompetenz zur Änderung des Verteilungsschlüssels für Rücklagen begründet. Die zuvor gültige Beschränkung des § 16 Abs. 4 WEG a. F., welche eine Änderung der Kostenverteilung nur für den Einzelfall ermöglichte und somit nicht für Rücklagen galt, hat nach der jetzigen Fassung des § 16 Abs. 2 S. 2 WEG keine Gültigkeit mehr.
Bei der von den Wohnungseigentümern beschlossenen Änderung der Kostenverteilung handelt es sich darüber hinaus nach Ansicht des BGH um eine nach § 16 Abs. 2 S. 2 WEG erlaubte abweichende Verteilung für bestimmte Arten von Kosten und nicht um eine generelle Änderung des Verteilungsschlüssels, welche nicht von der Beschlusskompetenz gedeckt gewesen wäre.
Fazit
Der BGH bestätigt mit den vorgenannten Urteilen abermals, dass bei Vorliegen eines sachlichen Grundes die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft die Möglichkeit haben, neue und angemessene Kostenverteilung durch Mehrheitsbeschluss zu beschließen, ohne eine Änderung der Teilungserklärung herbeiführen zu müssen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund begrüßenswert, da die Änderung der Teilungserklärung grundsätzlich die Zustimmung aller Eigentümer, eine notarielle Beurkundung und einen Eintrag im Grundbuch erforderlich machen würde. Die vorgenannten strengen Anforderungen an die Änderung der Teilungserklärung führt dazu, dass eine entsprechende Änderung in der Praxis häufig bereits an der notwendigen Einstimmigkeit scheitert, was eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels mittels Änderung der Teilungserklärung in den überwiegenden Fällen unmöglich macht.
Die Frage, ob die angedachte Veränderung der Kostenverteilung den Anforderungen des BGH, mithin ordnungsgemäßer Verwaltung, entspricht, ist stets anhand des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Gerne steht Ihnen das Immobilienrechtsteam von MKM Legal hier beratend zur Seite.
Autorin: Rebecca Andree (Rechtsanwältin I Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht)