Skip to main content
Logo von MKM LEGAL
Füller schreibt etwas auf Papier

Zerrissenes Testament im Schließfach gilt nicht

Wirksamer Widerruf trotz Aufbewahrung im Schließfach

Zerreißt ein Erblasser sein handschriftliches Testament, liegt darin regelmäßig ein wirksamer Widerruf. Daran ändert auch die spätere Aufbewahrung im Schließfach nichts. Das hat das OLG Frankfurt am Main mit Beschluss vom 29. April 2025 (Az. 21 W 26/25) entschieden.

Gemeinschaftlicher Erbschein für Witwe und Mutter

Der Erblasser war in letzter Ehe kinderlos verheiratet. Nach seinem Versterben beantragte die Witwe einen Erbschein entsprechend der gesetzlichen Erbfolge. Das Nachlassgericht erteilte einen gemeinsamen Erbschein für die Witwe und die noch lebende Mutter des Erblassers.

Testament der Länge nach durchgerissen

Als zwei Monate später das Bankschließfach des Erblassers geöffnet wurde, fand sich dort ein handschriftliches Testament, das eine dritte Person zum Alleinerben bestimmte. Es war längs in der Mitte durchgerissen. Die begünstigte dritte Person beantragte daraufhin beim Nachlassgericht die Einziehung des erteilten Erbscheins. Das Nachlassgericht lehnte den Antrag ab. Die zum OLG Frankfurt eingelegte Beschwerde hatte auch keinen Erfolg.

Zerreißen dokumentiert Widerrufsabsicht

Die Einziehung des Erbscheins hat das Nachlassgericht zu Recht abgelehnt, da dieser nicht unrichtig geworden ist. Die dritte Person ist nicht testamentarischer Erbe geworden.

Der Erblasser hat durch Zerreißen des privatschriftlichen Testaments seine letztwillige Verfügung wirksam widerrufen. Durch das Zerreißen des Testaments in der Mitte hat der Erblasser das Testament vernichtet. Es lag insoweit eine Widerrufshandlung vor. Das Testament war unzweifelhaft auch nicht durch äußere Einflüsse anderweitig in zwei Teile geraten. Dafür sprach, dass das Papier mittig, aber nicht vollständig gerade getrennt wurde. Die Trennränder waren zudem nicht glatt. Anhaltspunkte für ein anderweitiges Trennen des Schriftstücks in zwei Teile lagen nicht vor. Es war auch davon auszugehen, dass der Erblasser selbst das Testament zerrissen hatte, da nur er Zugang zum Bankschließfach hatte. Nach den Angaben der bei Öffnung des Schließfachs Anwesenden bestanden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Testament beim Öffnen oder Schließen des Schließfachs versehentlich von einer dritten Person zerrissen worden ist.

Widerrufsvermutung nicht durch die Aufbewahrung im Schließfach widerlegt

Daran ändert nach Auffassung des OLG auch die Aufbewahrung des zerrissenen Testaments in einem Schließfach nichts.

Es wird gesetzlich vermutet, dass diese Widerrufshandlung mit Widerrufsabsicht erfolgte. Indizien, die diese Vermutung widerlegen würden, waren nicht erkennbar. Die anschließende Aufbewahrung in einem Bankschließfach war zwar für das OLG ungewöhnlich, dies allein genüge aber nicht zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung. Der Erblasser hat ausweislich der dokumentierten 31 Öffnungen des Schließfaches dieses offensichtlich nicht ausschließlich zur Aufbewahrung eines ungültigen Testaments angemietet.

Im Ergebnis blieb es bei dem ausgestellten Erbschein. Die Witwe und die Mutter waren die Erben des Erblassers.  

Praxishinweis

Wer ein Testament errichten, ändern oder widerrufen möchte, sollte sich im Zweifel anwaltlich beraten lassen. Gerade in erbrechtlichen Fragen kommt es auf eine klare und rechtssichere Gestaltung an – denn das Letzte, was man möchte, ist ein Streit unter den Hinterbliebenen.

 

Autorin: Carmela Caiazza (Rechtsanwältin | Fachanwältin für Arbeitsrecht)

Logo von MKM LEGAL
Newsletter-Anmeldung