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Anonyme Hinweise

Anonyme Hinweise

Schwaches Schwert oder wichtige Chance?

Das Hinweisgeberschutzgesetz ist in Deutschland seit Sommer 2023 umgesetzt und die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle besteht seit Dezember 2023 auch in Unternehmen mit jeweils mindestens 50 Beschäftigten. Im Rahmen der Einführung des Hinweisgeberschutzes war die Bearbeitung anonymer Hinweise lange streitig. Der Gesetzgeber hat sich für die Formulierung entschieden, dass anonym eingehende Hinweise bearbeitet werden „sollten“. Angesichts der Brisanz, die sich aus einem Hinweis ergeben kann, ob nun anonym oder unter Nennung des Namens, sollten Unternehmen anonyme Hinweise wie alle anderen Hinweise behandeln, um hier keine Haftungsflanke zu eröffnen. Der folgende Beitrag zeigt auf, wie entscheidend anonyme Hinweise sein können und welche Maßnahmen sich daraus ergeben können.

 

Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 14.02.2024

Das LG Nürnberg-Fürth hat mit Beschluss vom 14.02.2024 entschieden, dass auch eine anonyme Anzeige über ein Hinweisgebersystem eine für die Anordnung einer Durchsuchung gemäß § 102 StPO ausreichende Verdachtsgrundlage bieten kann.

Hintergrund der Entscheidung war ein anonym eingegangener Hinweis über die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG). Hierin wurde durch den anonymen Hinweisgeber behauptet, dass in einer Apotheke gewerbsmäßig unter anderem Betrug zulasten der gesetzlich versicherten Kunden begangen werde. In dem Hinweis waren Angaben zu Zeugen, zum Zeitraum, zum Quittieren und zu Verhaltensweisen gegenüber der Krankenkasse enthalten. Die hinweisgebende Person hat darüber hinaus auch im Nachgang bestehende Rückfragen beantwortet und den Vortrag dadurch um einzelne Sachverhalte sowie um fallbezogene Angaben zu handelnden Personen ergänzt. Die Staatsanwaltschaft hat aufgrund der Angaben aus dem Hinweis und der beantworteten Rückfragen die Pharmazierätin vernommen, ohne jedoch einen wesentlichen Erkenntnisgewinn aus der Vernehmung zu ziehen.

Die daraufhin durchgeführten Durchsuchungen in der Apotheke und in der Wohnung der Beschuldigten sind nach dem Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth ordnungsgemäß ergangen. Nach § 102 StPO können Durchsuchungen der Wohnung oder anderer Räume vorgenommen werden, wenn dadurch zu erwarten ist, dass die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln führt sowie zum Zwecke der Ergreifung eines Täters. Hierzu genügt ein auf bestimmte, tatsächliche Anhaltspunkte gestützter konkreter Verdacht, dass eine Straftat begangen worden ist und dass der Verdächtige als Täter oder Teilnehmer an dieser Tat in Betracht kommt.

Eine solche erforderliche Verdachtslage kann sich aus einer anonymen Anzeige ergeben, wenn sie von beträchtlicher sachlicher Qualität ist oder mit ihr zusammen schlüssiges Tatsachenmaterial vorgelegt worden ist (vgl. LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 14.02.2024 – 18 Qs 49/23, 18 Qs 50/23, 18 Qs 51/23). Bei anonymen Hinweisen muss jedoch auch im strafrechtlichen Bereich sorgfältig geprüft werden und der Gehalt der Aussage sowie etwaige Gründe für die Nichtoffenlegung der Identität in den Blick genommen werden. Anonym eingehende Hinweise können daher ebenfalls zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens führen.

 

Bedeutung für die Bearbeitung von Hinweisen in internen Meldestellen

Der Schluss, der aus der Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth gezogen werden sollte, ist, dass anonym eingehende Hinweise auch in internen Meldestellen stets beachtet werden sollten. Angesichts der erheblichen Auswirkungen eines solchen Hinweises (wie die Einleitung von Ermittlungsverfahren, Durchsuchungen, Beteiligung von Behörden, etc.) ist Unternehmen dringend anzuraten, auch anonym eingehende Hinweise sorgfältig zu prüfen und möglichst ein System zu wählen, in dem die Möglichkeit besteht, dass sich ein anonymer Hinweisgeber ein entsprechendes Konto einräumen kann. Auf diese Weise wird die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle zu einer Chance für das Unternehmen, auf Hinweise jeder Art zu reagieren und etwaige Missstände im Vorfeld zu klären.

Der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth zeigt aber auch deutlich auf, dass nicht jeder anonym eingehende Hinweis geeignet ist, direkt ein Ermittlungsverfahren oder weitere entsprechende Maßnahmen zu rechtfertigen. Vielmehr muss nach den oben aufgezeigten Grundsätzen der anonyme Hinweis geprüft werden, um einen Übereifer zu vermeiden. Dabei sollte aber auch immer beachtet werden, dass es Situationen gibt, die hinweisgebenden Personen nicht erlauben, sich unter Preisgabe ihrer Identität zu offenbaren. Dies kann auch im Bereich des Arbeitsplatzes relevant werden. Die Möglichkeit der Kommunikation mit einem anonymen Hinweisgeber um Rückfragen stellen zu können, ist daher ein wichtiger Punkt bei der effizienten Bearbeitung von Hinweisen.

Wenn Sie weitere Informationen zum Hinweisgeberschutzgesetz und der unkomplizierten Umsetzung haben wollen, besuchen Sie uns auf white sparrow.
 

 

Autorin: Jane Hohmann

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