Kl im Bewerbungsprozess & Datenschutz
KI revolutioniert die Arbeitswelt und den Bewerbungsprozess
Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) verändert zunehmend die Arbeitswelt, insbesondere den Bewerbungsprozess. Automatisierte Systeme und maschinelles Lernen werden immer häufiger eingesetzt, um verschiedene Aspekte der Bewerbungsauswahl effizienter zu gestalten. Diese Technologien versprechen nicht nur eine höhere Geschwindigkeit und Präzision bei der Bewertung von Bewerbungsunterlagen, sondern eröffnen auch neue Möglichkeiten, um Talente zu identifizieren, die möglicherweise bei traditionellen Auswahlverfahren übersehen würden. Gleichzeitig bringt die zunehmende Integration von KI auch Herausforderungen mit sich, insbesondere im Hinblick auf Datenschutz, Fairness und ethische Fragen. Es stellt sich die Frage, wie Unternehmen und Bewerber gleichermaßen von dieser Technologie profitieren können, ohne grundlegende Prinzipien der Transparenz und Gleichberechtigung zu gefährden.
Einsatzmöglichkeiten | CV-Parsing, Emotionsanalyse und LLM-Chatbots
CV-Parsing
Ein häufig genutztes KI-gestütztes Verfahren ist das sogenannte CV-Parsing, bei dem Bewerbungsunterlagen automatisch analysiert und relevante Informationen extrahiert werden. Dies ermöglicht eine schnellere Vorselektion von Kandidaten, was insbesondere bei einer hohen Anzahl von Bewerbungen von Vorteil ist. Gleichzeitig wird dadurch das Risiko verringert, dass menschliche Vorurteile unbewusst die Auswahl beeinflussen. Der Einsatz von CV-Parsing ist grundsätzlich zulässig, wenn beim Extrahieren personenbezogener Daten der Grundsatz der Datenrichtigkeit gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. d DSGVO gewährleistet wird. Besonders wichtig ist, dass, wenn nach dem Parsing eine zusätzliche Datenanalyse durchgeführt wird, dies unter strikter Beachtung des Artikel 22 DSGVO erfolgen muss. Entscheidungen mit rechtlicher Relevanz müssen weiterhin von Menschen getroffen werden. Künstliche Intelligenz kann Vorschläge machen, jedoch muss die entscheidende Person ausreichend Handlungsspielraum haben und darf nicht ausschließlich auf Basis eines KI-Vorschlags entscheiden. Eine bloß formelle menschliche Beteiligung reicht nicht aus. Dies wird durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Schufa vom 7. Dezember 2023 (Rechtssache C-634/21) unterstrichen.
Emotionsanalyse
Ein weiteres Beispiel ist die Emotionsanalyse im Bewerbungsverfahren, bei der KI-Algorithmen Gestik, Mimik und Sprachmuster bewerten, um Rückschlüsse auf Soft Skills wie Teamfähigkeit oder Stress Resistenz zu ziehen. Grundsätzlich ist der Einsatz von Emotionsanalysen datenschutzrechtlich unzulässig, da sie im Bewerbungsverfahren in der Regel nicht erforderlich sind und die Freiwilligkeit der Einwilligung der Bewerbenden stark infrage gestellt werden kann. Ebenfalls muss sorgfältig geprüft werden, ob es sich bei den erhobenen Daten um die Verarbeitung von biometrischen Daten im Sinne des Artikel 9 der DSGVO handelt, da diese einer besonders strengen Regelung unterliegen und nur unter sehr spezifischen Bedingungen verarbeitet werden dürfen.
LLM-Chatbots
Darüber hinaus kommen KI-basierte Systeme wie Large Language Models (LLM) und Chatbots immer häufiger im Bewerbungsprozess zum Einsatz. Sie unterstützen die Kommunikation zwischen Unternehmen und Bewerbern und beantworten zum Beispiel Fragen zu Stellenangeboten. Außerdem können sie auch Einladungen oder Absagen verfassen. Auch hier wird es datenschutzrechtlich problematisch, die finale Auswahlentscheidung oder den Kandidatenvorschlag vollständig einem LLM-System zu überlassen. Ähnlich wie beim CV-Parsing müssen auch hier automatisierte Entscheidungen dieser Art den Anforderungen des Artikels 22 DSGVO entsprechen.
Chancen und Risiken
Die Verarbeitung von Lebensläufen, die Analyse von Videomaterial und die Speicherung von Interaktionen mit Chatbots werfen Fragen auf, wie mit sensiblen personenbezogenen Daten umgegangen wird. Es besteht die Gefahr, dass BewerberInnen durch die automatisierte Verarbeitung ihrer Daten transparenter werden, als sie es sich vielleicht wünschen. Besonders problematisch wird dies, wenn unklar bleibt, nach welchen Kriterien die KI-Entscheidungen trifft oder welche Daten überhaupt herangezogen werden. Hier sind Unternehmen gefordert, für Transparenz und Einhaltung von Datenschutzrichtlinien zu sorgen.
Ein weiteres Risiko liegt in der Gefahr von algorithmischer Voreingenommenheit (Bias). Wenn die KI mit voreingenommenen Daten trainiert wurde, könnten bestimmte Gruppen benachteiligt werden, beispielsweise aufgrund von Geschlecht, Alter oder ethischer Herkunft. Solche Fehler können tiefgreifende Auswirkungen auf die Chancengleichheit haben und zu Diskriminierung führen, wenn sie nicht erkannt und behoben werden.
Auf der anderen Seite bietet der Einsatz von KI enorme Chancen. Durch den Wegfall sich wiederholender Aufgaben, wie das manuelle Durchsuchen von Lebensläufen, können Recruiter mehr Zeit für die individuelle Bewertung von Kandidaten aufbringen und sich auf die zwischenmenschlichen Aspekte konzentrieren. KI kann zudem dabei helfen, Talente zu identifizieren, die in konventionellen Auswahlverfahren möglicherweise übersehen würden, beispielsweise durch das Erkennen von Fähigkeiten und Potenzialen, die nicht auf den ersten Blick in einem Lebenslauf erkennbar sind. Chatbots ermöglichen zudem eine schnellere und effizientere Kommunikation, die sowohl für Unternehmen als auch für Bewerber vorteilhaft ist.
KI-basierte Systeme bietet zweifellos Vorteile in der modernen Personalrekrutierung. Jedoch müssen Unternehmen bei der Implementierung dieser Technologien stets die datenschutzrechtlichen Vorgaben berücksichtigen. Eine transparente Kommunikation mit den Bewerbern und die strikte Einhaltung der DSGVO sind unabdingbar, um den Datenschutz zu gewährleisten und Risiken zu minimieren.
Autorin: Cansu Muti