Update Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Deutsches Lieferkettengesetz und europäische Lieferketten-Richtlinie
Seit dem 01.01.2023 ist das (deutsche) Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (kurz: LkSG) in Kraft, das seit dem 01.01.2024 für Unternehmen gilt, die in Deutschland mindestens 1.000 Mitarbeiter haben. In den meisten anderen EU-Mitgliedsstaaten gibt es keine, jedenfalls keine vergleichbar weit gehenden Regelungen.
Um innerhalb der EU insofern einheitliche (Mindest-) Standards zu schaffen, wurde die EU-Lieferketten-Richtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, kurz: CSDDD oder CS3D) beschlossen, die am 25.07.2024 in Kraft getreten ist.
Diese Richtlinie gilt nicht unmittelbar in den EU-Mitgliedsstaaten, sondern muss erst jeweils in nationales Recht umgesetzt werden. Für die Umsetzung gibt es eine Umsetzungsfrist von zwei Jahren, also bis Juli 2026. Die Umsetzung muss dann beinhalten, dass die Regelungen des CSDDD wie folgt Geltung erlangen müssen:
Unternehmensgröße, EU-Unternehmen | Gültig ab |
Für Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und über 1,5 Mrd. Euro Netto-Jahresumsatz (weltweit) | 3 Jahre nach Inkrafttreten, also ab 26.07.2027 |
Für Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und über 900 Mio. Euro Netto-Jahresumsatz (weltweit) | 4 Jahre nach Inkrafttreten, also ab 26.07.2028 |
Für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und über 450 Mio. Euro Netto-Jahresumsatz (weltweit) | 5 Jahre nach Inkrafttreten, also ab 26.07.2029 |
Für Nicht-EU-Unternehmen und kleinere Muttergesellschaften in der EU gibt es besondere Regelungen (z.B. orientiert am erzielten Umsatz in der EU). |
Zukünftig kommt es also nicht mehr nur auf die Mitarbeiteranzahl, sondern auch auf den Umsatz an. Beide Anforderungen müssen kumulativ erfüllt sein. Die Mitgliedsstaaten können die Regelungen auch bereits früher in Kraft treten lassen.
Was gilt in der Übergangsphase bis die EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt wird?
Derzeit gilt weiterhin das LkSG. Die Einhaltung wird weiterhin durch die zuständige Aufsichtsbehörde, das BAFA, überwacht und erforderlichenfalls sanktioniert. Die betroffenen Unternehmen sind also dazu angehalten, weiterhin die Anforderungen des LkSG zu erfüllen. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Sorgfaltspflichten, die Risikoanalysen, die Einsetzung von zuständigen Personen (Menschenrechtsbeauftragten), die Einrichtung eines wirksamen Beschwerdesystems und die Verankerung der Sorgfaltspflichten innerhalb der Lieferkette bis zum Produktionsort.
Es wurde und wird auf bundespolitischer Ebene zwar über die Aussetzung bzw. Aufhebung des LkSG diskutiert. Entsprechende Anträge wurden im Bundestag bisher aber abgelehnt.
Ganz aktuell hat Bundeskanzler Olaf Scholz am 22.10.2024 auf dem Arbeitgebertag in Berlin angekündigt, dass er das LkSG noch in diesem Jahr abschaffen wolle. Aus Regierungskreisen heißt es dazu, dass eine Anpassung an die bevorstehenden EU-Regelungen erfolgen solle. Ob, wann und in welcher Form das tatsächlich geschehen wird, ist offen.
Zudem veröffentlichte das BAFA am 25.10.2024 auf seiner Homepage die Mitteilung, dass Unternehmen, die ihren Bericht zum fälligen Zeitpunkt nicht einreichen, nicht sanktioniert werden, sofern der Bericht dem BAFA spätestens bis zum 31.12.2025 vorliegt. Bereits zuvor war ein Aufschub bis Ende 2024 gewährt worden, der damit also um ein Jahr verlängert wurde. Das BAFA weist in der Mitteilung aber zugleich darauf hin, dass die Pflicht zur Erfüllung der übrigen Sorgfaltspflichten unberührt bleibt und der Kontrolle sowie der Sanktionierung durch das BAFA unterliegt.
Derzeit scheint die Bundesregierung zu beabsichtigen, die Regelungen des LkSG durch eine zeitnahe Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht zu ersetzen. Es ist dann durchaus möglich, dass Unternehmen mit mehr als 1.000 und weniger als 5.000 Mitarbeitern für einen Übergangszeitraum nicht vom neuen Lieferkettengesetz erfasst sind; also quasi eine zeitliche Lücke entstehen könnte bis sie dann (wieder) die Anforderungen an das (dann neue) Lieferkettengesetz erfüllen müssen, sofern sie betreffend des erzielten Umsatzes dann überhaupt noch unter das EU-Lieferkettengesetz fallen.
Was ändert sich durch die EU-Richtlinie (CSDDD) inhaltlich?
Die geschützten Rechtsgüter sind teilweise deutlich weiter gefasst als im LkSG, insbesondere Umweltaspekte greifen deutlich weiter (z.B. neu: Schutz der Meere und Schutz der biologischen Vielfalt).
Zudem sind auch Regelungen zum Klimawandel enthalten. So sollen die betroffenen Unternehmen einen Plan erstellen, damit ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius sowie mit dem europäischen Klimaneutralitätsziel vereinbar sind.
Des Weiteren ist – anders als im LkSG – auch die sog. nachgelagerte Lieferkette erfasst (also z.B. der Transport von Waren zum Kunden).
Und schließlich wurde auch eine zivilrechtliche Haftung der betroffenen Unternehmen aufgenommen.
Fazit
Derzeit sind die Unternehmen nach wie vor verpflichtet, die Sorgfaltspflichten des LkSG zu erfüllen. Es bleibt abzuwarten, wie schnell die jetzige bzw. eine zukünftige Bundesregierung eine Anpassung an das EU-Lieferkettengesetz vornehmen wird und wie die Übergangsregelungen ausgestaltet werden.
In der Übergangsphase ist es möglich, dass EU-Mitgliedsstaaten früher als notwendig mit der Umsetzung der EU-Richtlinie beginnen, so dass in der EU in der Übergangsphase eine Art Flickenteppich mit unterschiedlichen Startzeitpunkten und eventuell voneinander abweichende nationale Regelungen denkbar sind.
Es ist aber davon auszugehen, dass (spätestens) nach der Übergangsphase in der EU weitestgehend einheitliche Regelungen zum Lieferkettenrecht gelten werden, was einen fairen Wettbewerb fördert.
Bei Fragen zum Lieferkettenrecht beraten wir von MKM LEGAL Sie gerne.
Autor: Ralph Weiss