Aktuelles BGH-Urteil nimmt Vermieter in die Pflicht
Der erste Schnee ist gefallen, Wege und Straßen sehen aus wie gepudert. Bei einem solchen Anblick, der für die meisten Menschen der Inbegriff der Weihnachtszeit ist, liegt der Gedanke an Glatteisunfälle und Haftungszurechnung meist fern.
Doch gerade Vermieter müssen in dieser Zeit ihre Räum- und Streupflicht im Blick behalten, da gerade dieses Thema alle Jahre wieder die deutschen Zivilgerichte beschäftigt.
Rutschten Passanten oder Bewohner auf einem vereisten Gehweg aus, war die Rechtslage bislang, wenn es um vermietete Eigentumswohnungen ging, besonders komplex. Dies insbesondere, da hier zwei Rechtsgebiete nämlich das Mietrecht, welches den Vermieter zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs verpflichtet, und das Wohnungseigentumsrecht, welches die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums regelt, aufeinandertreffen.
In der Vergangenheit gelang es vielen vermietenden Eigentümern, etwaige Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche gestürzter Mieter und Passanten erfolgreich abzuwehren. Die vermietenden Eigentümer stützten ihre Argumentation darauf, dass sie auf die Durchführung des Winterdienstes gar keinen direkten Einfluss hätten, da dies Sache der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) bzw. der von ihr beauftragten Fachfirmen sei. Zudem habe der einzelne Wohnungseigentümer keinen Einfluss auf die Auswahl des Winterdienstes, da dieser durch Mehrheitsbeschluss der WEG oder durch den Verwalter ausgewählt wird.
Sicherer Zugang zur Wohnung muss gewährleistet sein
Mit seinem aktuellen Urteil vom 06.08.2025 zum Aktenzeichen VII ZR 250/23 trat der BGH dieser Argumentation und damit der faktischen Haftungsprivilegierung des Sondereigentümers entgegen.
Er stellte klar, dass die internen Willensbildungsprozesse der WEG für den Mieter irrelevant sind. Der Mieter hat sich den Vermieter als Vertragspartner ausgesucht und darf darauf vertrauen, dass dieser für die Sicherheit sorgt. Dass der Vermieter zur Erfüllung dieser Pflicht auf die Mitwirkung der Gemeinschaft angewiesen ist, fällt einzig in dessen Risikosphäre. Der vermietende Wohnungseigentümer ist aus dem Mietvertrag verpflichtet, dem Mieter den sicheren Zugang zur Wohnung zu gewährleisten. Diese Pflicht umfasst auch die Verkehrssicherung auf gemeinschaftlichen Wegen, selbst wenn der Vermieter nicht Alleineigentümer des Grundstücks, sondern Mitglied einer WEG ist.
Zwar kann der Vermieter die Sicherungspflicht an Dritte, wie einen Hausmeister oder Räumdienst, delegieren, dies entbindet ihn aber nicht von seiner Verantwortung. Der BGH stellt klar, dass auch die vom Verwalter oder der WEG beauftragte Winterdienst-Firma Erfüllungsgehilfin des einzelnen vermietenden Wohnungseigentümers im Verhältnis zu dessen Mieter ist. Dies insbesondere, da der Vermieter die Strukturen der WEG und die beauftragte Firma nutzt, um seine mietvertragliche Pflicht gegenüber dem Mieter zu erfüllen. Zudem legt er die Kosten hierfür üblicherweise über die Betriebskosten auf den Mieter um. Wer die Vorteile der Arbeitsteilung, mithin die Delegation der Arbeiten an Dritte, nutzt, muss auch das Risiko tragen, wenn diese Firmen Fehler machen.
Beauftragt der Vermieter bzw. die WEG ein Unternehmen mit dem Winterdienst, haftet der einzelne Wohnungseigentümer für das Verschulden des beauftragten Unternehmens, als sei es sein eigenes. Verletzt das beauftragte Unternehmen eine ihm obliegende Pflicht, die ursächlich für den Unfall war, haftet der Vermieter vollumfänglich gegenüber dem Mieter. Ein Auswahl- oder Kontrollverschulden ist für die Haftung des Vermieters nicht erforderlich. Der BGH betont, dass, würde man vom Gegenteil ausgehen, dies zu einem unterschiedlichen Schutzniveau innerhalb des Wohnraummietrechts führe, welches sachlich nicht gerechtfertigt und ohne rechtsdogmatische Grundlage sei.
Sofern der Mietvertrag keine abweichenden Vereinbarungen vorsieht, verbleibe es demnach bei der Verantwortlichkeit des Vermieters, dieser muss für das Verschulden der von ihm oder der WEG beauftragten Firmen rechtlich wie für sein eigenes Verschulden einstehen.
Fazit
Der Vermieter ist somit auch bei der Beauftragung eines Fachunternehmens nicht von seiner Haftung freigestellt, sofern die Parteien keine wirksame abweichende vertragliche Vereinbarung treffen. An der aktuellen Entscheidung des BGH zeigt sich abermals, dass die richtige Ausgestaltung sowohl von Mietverträgen als auch etwaiger im Rahmen der Vermieterstellung zu schließender Werk- und Dienstleitungsverträge große Bedeutung zukommt. Gerne steht Ihnen das Mietrechtsteam der MKM Partnerschaft bei allen Fragen rund um das Mietrecht beratend zur Seite.
Autorin: Rebecca Andree (Rechtsanwältin I Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht)








