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Bauträgerinsolvenz in Nürnberg 

Wie sich anhand der aktuellen Lage zeigt, sind Bauträgerpleiten heute an der Tagesordnung. Die Insolvenz eines Bauträgers führt in der Regel dazu, dass das vom Käufer bestellte Objekt nicht zu Ende gebaut werden kann, Mehrkosten entstehen und das ganze Bauvorhaben stockt.

Auch die Nürnberger PROJECT Immobilien blieben von den Folgen der Corona-Pandemie, des Ukraine-Krieges, der Inflation, der Steigerung des Zinsniveaus und der daraus resultierenden Verunsicherung auf den Immobilienmärkten nicht verschont. Der Umsatz des Unternehmens aus verkauften Objekten betrug im Jahr 2022 mit 164,4 Mio. € nur noch 38 % des Umsatzes des vorangegangenen Jahres.

Nun sind fünf Gesellschaften der PROJECT Gruppe insolvent:

die PROJECT Immobilien Management GmbH (zuständig für Bauleitung, Ausschreibungen und Beauftragung)die PROJECT Immobilien Wohnen und Gewerbe GmbH (die Makler-Gesellschaft)die PROJECT Immobilien Projektentwicklungs GmbH (die operative Gesellschaft, zuständig für Standortauswahl und Konzeption der Projekte)die PROJECT Real Estate AG (die Holding-Gesellschaft)die PROJECT Vermittlungs GmbH (die Vertriebsgesellschaft)

Die PROJECT Gruppe besteht aus zwei Sparten, der „PROJECT Immobilien“ aus Nürnberg, deren Zweck die Planung, Betreuung und der Vertrieb von Immobilien-Projekten ist, und der „PROJECT Investment“ aus Bamberg, welche mit der Auflage von Fonds die Investorengelder für die Bauprojekte am Kapitalmarkt einsammelte. Mit Ausnahme der Vertriebstochter „PROJECT Vermittlungs GmbH“ gehören die insolventen Gesellschaften alle zur PROJECT Immobilien Gruppe.

PROJECT Immobilien betreut derzeit 118 Projekte. Einige dieser Projekte sind Gewerbeobjekte, beim weit überwiegenden Teil handelt es sich jedoch um Wohnbau. Insgesamt 1.852 Wohnungen befinden sich derzeit im Bau. In Nürnberg erwartet aufgrund der Insolvenzen der PROJECT Immobilien – Gesellschaften vor allem drei größere Neubau-Vorhaben ein ungewisses Schicksal: Die „Park Lane“ auf dem Areal des abgerissenen Brunswick-Bowling-Center an der Ecke Bayreuther-/Ludwig-Feuerbach-Straße, das „Max Life“ mit 91 Wohnungen in der Maximilianstraße und das „East Side“ in der Ostendstraße.

Bedeutung der Insolvenzen für die Wohnungskäufer

Im Bereich des Wohnungsbaus stellt sich im Fall der Insolvenz die Herausforderung, dass eine beträchtliche Anzahl an Käufern in einer Art „Schicksalsgemeinschaft“ miteinander verknüpft ist. Dies ergibt sich daraus, dass nicht nur für den Einzelnen, sondern gleichermaßen für alle betroffenen Käufer geklärt werden muss, wie es mit dem laufenden Bauprojekt weitergeht. Dies gilt auch im Fall der Wohnbauprojekte der PROJECT Immobilien.

Da die betroffenen Käufer in den meisten Fällen schon die ersten Raten an den Bauträger  entrichtet haben, stellt sich die Frage, wie und ob sich eine Eigentumsübertragung der Wohnungen ohne Belastungen realisieren lässt, oder ob die Möglichkeit besteht, sich von dem Bauträgervertrag zu lösen und eine Rückerstattung der geleisteten Zahlungen zu erwirken. Die Rückabwicklung des Vertrages mit der Absicht, die geleisteten Zahlungen zurückzuerhalten, scheitert allerdings rein praktisch in dem Fall, dass die „Insolvenzmasse“ zur Befriedigung der Gläubiger nicht ausreicht.

Für eine außerordentliche Kündigung des Bauträgervertrags bietet die Insolvenz des Bauträgers keinen Grund. Die Ausübung etwaiger Rücktrittsrechte, wie aufgrund von Mängeln oder bei gravierenden Pflichtverletzungen durch den Bauträger (zum Beispiel bei Überschreiten des Fertigstellungstermins), kommt allerdings in Betracht.

Auf Seiten der PROJECT Immobilien steht dem Insolvenzverwalter gem. § 103 InsO grundsätzlich ein Wahlrecht zu, ob er den bestehenden Vertrag erfüllen will oder nicht.

Eine Einschränkung des Wahlrechts besteht jedoch in dem Fall, in welchem der Insolvenzverwalter die Eigentumsübertragung aufgrund der Eintragung einer Auflassungsvormerkung des Käufers im Grundbuch schuldet. In einem solchen Fall ist dem Insolvenzverwalter das Wahlrecht nach § 106 InsO abgeschnitten und der mit dem Bauträger geschlossene Vertrag wird in einen kaufrechtlichen und in einen werkvertragsrechtlichen Teil aufgespalten. Der kaufrechtliche Anspruch auf Auflassung, d.h. auf Eigentumsverschaffung an dem Grundstück, muss aus der Masse erfüllt werden.

Zu beachten ist, dass sich in diesem Fall die Fälligkeit des Auflassungsanspruchs grundsätzlich danach richtet, ob der Gegenwert des Grundstücks durch den Auftraggeber bereits bezahlt wurde. Auf etwaige vertraglich vereinbarte Zahlungspläne kommt es nicht an. Aus diesem Grund ist dringend eine genaue Ermittlung des Baustands zum Zeitpunkt der Insolvenz zu empfehlen, um den Grundstückswert bestimmen zu können.

Steht dem Insolvenzverwalter ein Wahlrecht zu und entscheidet er sich für die Erfüllung des Vertrages, bleibt der Vertragsinhalt unverändert. Gemäß § 55 InsO I Nr. 2 InsO werden sowohl die Haupt- und Nebenleistungspflichten des zu erfüllenden Vertrages als auch die Gewährleistungs- bzw. Mängelansprüche und Vertragsstrafen zu Masseverbindlichkeiten, auch wenn sie vor Verfahrenseröffnung entstanden sind.

Entscheidet sich der Insolvenzverwalter gegen die Erfüllung, verlieren die Käufer die Durchsetzbarkeit ihrer Ansprüche. In einem solchen Fall gewährt § 103 II S.1 InsO dem Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Dieser muss zur Insolvenztabelle angemeldet werden und wird dann seiner Quote nach im Verfahren bedient.

Bedeutung der Insolvenzen für den bauausführenden Subunternehmer

Sofern der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages wählt, hat der Subunternehmer die Werkleistung entsprechend der vertraglichen Vereinbarung zu erbringen und der Insolvenzverwalter die vereinbarte Vergütung als Masseverbindlichkeit zu begleichen.

Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages ab, bleibt der Vertrag in der Lage bestehen, in welcher er sich bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens befand. Dem Subunternehmer ist aus diesem Grund dringend zu raten, unverzüglich eine umfassende Dokumentation der bereits ausgeführten Werkleistungen zur Ermittlung bereits entstandener Werklohnansprüche vorzunehmen. Diese kann er sodann als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anmelden, wobei in einem solchen Fall überwiegend von einem wirtschaftlichen Schaden in der Gestalt eines Forderungsausfalls auszugehen ist.

Die Ablehnung der Erfüllung durch den Insolvenzverwalter führt dazu, dass er mit der Geltendmachung eines Nachbesserungs- oder Schadenersatzanspruches für die insolvente Bauträgerin ausgeschlossen ist, da der Nacherfüllungsanspruch letztlich der ursprüngliche Erfüllungsanspruch in modifizierter Form ist. Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages ab, hat dieser gegenüber dem Subunternehmer also weder einen Erfüllungsanspruch noch einen modifizierten Erfüllungsanspruch in Form eines Anspruchs auf Nacherfüllung oder Schadenersatz.

Bedeutung der Insolvenzen für die Kapitalanleger

Die „PROJECT Immobilien“ wirbt damit, ausschließlich eigenkapitalfinanziert zu sein und somit unabhängig von Entwicklungen der Finanzmärkte. Jedes einzelne Projekt der „PROJECT Immobilien“ ist über einen geschlossenen Fonds finanziert, der von der „PROJECT Investment“ Gruppe verwaltet wird. In 19 Fonds sind rund 1,4 Milliarden Euro investiert.

Dies bedeutet allerdings, dass mit den Folgen der Insolvenzen nicht in erster Linie fremdfinanzierende Banken, sondern Anleger, unter Ihnen viele Privatinvestoren, konfrontiert sind.

Der Insolvenzverwalter der Holding „PROJECT Real Estate AG“ und der operativen „PROJECT Immobilien Management GmbH“ steht nach eigener Aussage in engem Austausch mit den Fondsgesellschaften, um für den Weiterbau nötige Finanzmittel aufzubringen. Die Investoren, über 32.000 an der Zahl, bekommen die Folgen der fünf Insolvenzen in der „PROJECT Immobilien“ Gruppe bereits zu spüren: Die Ausschüttungen an die Anleger sind vorerst eingestellt worden, um die „Liquidität der Beteiligungsgesellschaften zu schonen“, so die Geschäftsleitung der PROJECT Immobilien. Auf diese Weise soll der Fortbestand der Fonds gesichert werden.

Bei den Ausschüttungen, die nunmehr eingestellt wurden, handelt es sich nämlich nicht um Gewinne, sondern um gewinnunabhängige Entnahmen, die die Substanz der Fondsgesellschaften schmälern, was angesichts rückläufiger Neuinvestitionen ohnehin problematisch sein kann – in der Insolvenz der Projektentwicklungsgesellschaften natürlich umso mehr. Ob die Insolvenzen der „PROJECT Immobilien“ zu einem Teil- oder gar Vollverlust der Investments führen werden, ist indes noch nicht klar. Mit ihrer Eigenkapitalfinanzierung begründet PROJECT Immobilien die „Fertigstellungsgarantie“ für die Bauprojekte auf ihrer Website. Werden die Bauprojekte aber gestoppt – wie nunmehr passiert - wird sich das mit einiger Wahrscheinlichkeit umgekehrt auf das Schicksal des investierten Eigenkapitels auswirken.

Sollten Sie als Investor betroffen sein, beraten wir Sie gerne über Ihre Rechte gegenüber Emittenten, Verwahrern und Anlagevermittlern.

 

Autor: Burkhard Krecichwost
 

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