Der Europäische Gesundheitsdatenraum kommt
Am 26.03.2025 ist die EU Verordnung 2025/327 (EDHS-VO) in Kraft getreten. Mit dieser Verordnung wird ein europäischer Gesundheitsdatenraum (engl. European Health Data Space, kurz: EDHS) eingerichtet. Ziel des EDHS ist es, den Zugang natürlicher Personen zu ihren personenbezogenen elektronischen Gesundheitsdaten sowie ihre Kontrolle über diese Daten zu verbessern, und die Möglichkeiten einer Sekundärnutzung solcher Daten zu stärken. Der EHDS ist eine sektorspezifische Ausgestaltung des EU Data Acts im Bereich des Gesundheitswesens, die wir im folgenden Beitrag näher betrachten möchten.
Wozu ein europäischer Gesundheitsdatenraum?
Während der COVID-19-Pandemie wurde deutlich, dass eine schnelle, reaktive Forschungsarbeit auf EU-Ebene mit den vorhandenen Daten kaum möglich ist. Mithilfe qualitativ und quantitativ hochwertiger, elektronisch verfügbarer Daten soll diese Arbeit künftig möglich sein. Durch einen zentralen Gesundheitsdatenraum sollen Daten aus digitalen Patientenakten sowohl im Rahmen der Primärnutzung zur Verbesserung der Versorgung von Patienten als auch im Rahmen der Sekundärnutzung für die Stärkung von Forschung und Innovation verfügbar gemacht werden. Auch Patienten selbst sollen künftig zeitnah und automatisiert Zugriff auf ihre Gesundheitsdaten erhalten. Die Sensibilität dieser Daten fordert jedoch einerseits einen klaren Rechtsrahmen, um Rechtsunsicherheit bei den Anwendenden zu reduzieren, und andererseits Maßnahmen zum Schutz der Betroffenen aus Sicht des Datenschutzes, der Sicherheit und der Ethik.
Für wen gelten die Vorschriften?
Die Regelungen der EHDS-VO treffen eine Vielzahl von Akteuren im Gesundheitswesen, insb.:
- Leistungserbringer für die Eingaben in und den Zugriff auf elektronische Patientenakten;
- Hersteller von Arzneimitteln, Medizinprodukten und Gesundheitsanwendungen im Rahmen der Produktentwicklung;
- Forschende Unternehmen bei dem Zugriff auf Gesundheitsdaten zur Sekundärnutzung;
- Softwareanbieter im Gesundheitswesen, insbesondere hinsichtlich den Anforderungen an die elektronische Patientenakte.
- Hersteller von sog. Wellness-Apps, wie Fitness-, Ernährungs- und Schlaftracker in Bezug auf die Interoperabilität mit der elektronischen Patientenakte.
Die verschiedenen Akteure sollten sich mit den für sie geltenden Anforderungen der EHDS-VO frühzeitig auseinandersetzen. Sowohl im Bereich der Primär- als auch der Sekundärnutzung ergeben sich mit Einführung des EHDS aber auch neue Chancen für die Verbesserung von Versorgung, Dienstleistungen und Produkten im Gesundheitswesen. Auch für das Trainieren von Künstlicher Intelligenz sollen die Daten nutzbar sein.
Einordnung in den EU Rechtsrahmen
In Bezug auf den EU Data Act bestehen in der Praxis durchaus Schnittstellen mit dem EHDS. Dies wird beispielsweise bei vernetzten Medizinprodukten und Gesundheitsanwendungen für Datenzugangs- und/oder Portabilitätsansprüche im Rahmen der Primärnutzung relevant sein. Auch die freiwillige Bereitstellung von Daten zu Forschungszwecken ist bei der Verwendung von Medizinprodukten denkbar. Dennoch besteht Abgrenzungsbedarf bei den Rechten und Pflichten nach Data Act und EHDS, die im konkreten Fall sorgfältig zu prüfen sind.
Hinsichtlich des Datenschutzes ergänzen die Regelungen zum EHDS die EU Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) für die Verarbeitung personenbezogener elektronischer Gesundheitsdaten. Insbesondere die Datenzugangs- und übertragungsrechte der Patienten sollen durch den EHDS in Bezug auf diese Daten verstärkt werden. Patienten haben u.a. das Recht, zu bestimmten elektronischen Gesundheitsdaten sofortigen, kostenfreien Zugang zu erhalten, Art. 3 Abs. 1 EHDS-VO. Durch eine Art Self-Service Portal sollen diese Informationen jederzeit abrufbar sein. Die Überwachung dieser Rechte obliegt den Datenschutzaufsichtsbehörden, Art. 22 EDHS-VO.
GDNG und ePA als Vorreiter
In Deutschland wurde mit Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) und dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG) der Weg für die Umsetzung des EHDS bereits vor dessen Inkrafttreten geebnet. Mit der ePA wird in erster Linie die Verbesserung der Versorgung im Rahmen der Primärnutzung von Daten angestrebt. Hierbei stehen den Patienten sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene Widerspruchsrechte zu. Das GDNG schafft mit § 6 heute schon Rechtsgrundlagen für eine Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten, wie sie auch über den EHDS ermöglicht werden soll, vgl. Art. 53 EHDS-VO. Als Datenzugangs- und Koordinierungsstelle nach GDNG wird in Deutschland das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuständig sein. Auch für die Implementierung des EHDS in Deutschland wird das BfArM eine Schlüsselrolle übernehmen.
Wie geht es weiter?
Die EHDS-VO gilt ab dem 26. März 2027 unmittelbar in allen EU Mitgliedsstaaten. Die Implementierung erfolgt schrittweise für verschiedene Datenkategorien sowohl bei der Primär- als auch der Sekundärnutzung zwischen 2029 und 2031. Ab 2035 soll auch die Teilnahme von Drittländern an der Sekundärnutzung von Daten ermöglicht werden. Unter den Voraussetzungen des GDNG wird in Deutschland bereits heute eine Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten ermöglicht. Sprechen Sie uns bei Beratungsbedarf gerne an!
Autorin: Rebecca Schimkat LL.M. (Manager)
Artikelserie EU Data Act
Gleich weiterlesen!
Seminar EU Data Act
In unserem Online-Seminar zum EU Data Act erfahren Sie von erfahrenen Rechtsanwält*innen, wie Sie Ihr Unternehmen bestmöglich aufstellen können.