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Die Sonne geht hinter den Bergen unter

Kein Urlaubsverzicht durch Prozessvergleich

Worauf Arbeitgeber achten sollten

In gerichtlichen Vergleichen oder außergerichtlichen Aufhebungsverträgen wird häufig ein „Gesamtpaket“ geschnürt – inklusive einer Regelung zum offenen Urlaub. Dabei findet sich oft die Regelung, wonach Urlaubsansprüche „in natura gewährt“ seien.

 Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seinem Urteil vom 3. Juni 2025 klargestellt: Der gesetzliche Mindesturlaub oder dessen finanzielle Abgeltung darf nicht durch gerichtliche Vergleiche ausgeschlossen werden. Das Urteil unterstreicht den nicht dispositiven Charakter des gesetzlichen Erholungsurlaubs. Arbeitgeber müssen bei der Vertragsgestaltung daher besonders sorgfältig vorgehen, um Nachforderungen wegen unwirksamer Urlaubsverzichtsklauseln zu vermeiden. 

Was war im entschiedenen Fall geschehen?

Im konkreten Fall des BAG war der Kläger im Jahr 2023 seit Jahresbeginn bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 30. April 2023 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und deshalb nicht in der Lage, seinen Urlaub aus diesem Jahr in Anspruch zu nehmen. Die Parteien einigten sich im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Rahmen der Vergleichsverhandlungen diskutierten die Parteien über offene Urlaubsansprüche. Im endgültigen Vergleich wurde in Ziffer 7 festgehalten, dass der Urlaub „in natura“ gewährt worden sei – obwohl der Arbeitnehmer nachweislich krankheitsbedingt gar nicht in der Lage gewesen war, den Urlaub zu nehmen. Der Kläger akzeptierte den Vergleich zunächst, verlangte aber im Anschluss an den gerichtlichen Vergleich (nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses) die Abgeltung der nicht genommenen 7 Urlaubstage (Mindesturlaub) mit Erfolg. Die Beklagte verweigerte die Zahlung unter Verweis auf den Vergleich.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat der Kläger Anspruch auf Abgeltung seines nicht erfüllten gesetzlichen Mindesturlaubs aus dem Jahr 2023 nach § 7 Abs. 4 BUrlG. Der Urlaubsanspruch ist nicht durch Ziffer 7 des Prozessvergleichs vom 31. März 2023 erloschen. Denn der Kläger habe durch die Regelung in Ziffer 7 nicht wirksam auf den Anspruch verzichtet.

Das BAG bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz (LAG Köln vom 11. April 2024, Az. 7 Sa 516/23) und betonte einmal mehr: Der gesetzliche Mindesturlaub nach dem BurlG im laufenden Arbeitsverhältnis ist unverzichtbar. Eine anderslautende Vereinbarung ist nichtig.

Dies gilt selbst dann, wenn bei Abschluss des gerichtlichen Vergleichs über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits feststeht und zudem klar ist, dass der Arbeitnehmer den Urlaub krankheitsbedingt nicht mehr in natura wird nehmen können. Sein Ergebnis begründet das BAG mit der einschlägigen Arbeitszeit-Richtlinie. Nach Art. 7 Abs. 2 der Arbeitszeit-Richtlinie (RL 2003/88/EG) dürfe der gesetzliche Mindesturlaub außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden. Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist ein Verzicht gegen oder ohne eine finanzielle Ausgleichszahlung nicht wirksam.

Praxishinweise

Für die Praxis bedeutet das:

Die bislang übliche Praxis, den Urlaubsanspruch mittels Tatsachenvergleich zu erledigen, ist durch die jüngste Entscheidung des BAG schwieriger geworden.

Arbeitgeber sollten daher – wo möglich – versuchen, Urlaubsansprüche durch unwiderrufliche Freistellungen bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu erledigen. Ist keine Freistellung möglich, sollten Arbeitgeber Vergleiche und Aufhebungsverträge je nach Fallgestaltung präzise und rechtssicher formulieren. Unwirksame Urlaubsklauseln führen ansonsten zu Nachforderungen, selbst wenn der Vergleich bzw. der Aufhebungs-/Abwicklungsvertrag bereits abgeschlossen und abgewickelt ist.

 

Autorin: Carmela Caiazza (Fachanwältin für Arbeitsrecht)

Zwei Personen schütteln sich über den Schreibtisch hinweg die Hände, daneben liegt ein Richterhammer.

Anwaltlicher Rat fürs Arbeitsrecht

Wir beraten Sie gern individuell, worauf Sie bei Vergleichen oder Aufhebungsverträgen achten sollten. 

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